Nicht nur Erfolgsgeschichten, aber viele neue Chancen: Vorarlberger Kinderdorf stärkte fast 3000 Kinder und Jugendliche im ganzen Land.
318 Mitarbeitende setzten sich im Vorjahr im Vorarlberger Kinderdorf für den Schutz, die Rechte und ermutigende Perspektiven für Kinder in Vorarlberg ein. Mit vielfältigen Angeboten wurden 2925 Kinder und Jugendliche sowie deren Familien in schwierigen Lebenssituationen und Notlagen gestärkt. Das Spektrum der Hilfestellungen reicht von Unterstützung werdender Eltern bereits während der Schwangerschaft bis zur Begleitung von jungen Erwachsenen, die in familiären Wohngruppen oder Pflegefamilien aufwuchsen. Gemeinsam mit dem Vorarlberger Kinderdorf knüpften auch 13.502 private Spender:innen, 310 Unternehmen, 584 Ehrenamtliche und 130 Perspektivengeber in der Initiative „Wir KINDER VORarlbergs!“ an einem tragfähigen Netzwerk für benachteiligte Kinder.
Prävention im Fokus
Da Rückenstärkung in der Kindheit die nachhaltigste Wirkung hat, investierte die Kinderschutzeinrichtung forciert in präventive, lebensraumorientierte Angebote. Allein vom Fachbereich „Netzwerk Familie“ wurden 2023 502 Familien mit 942 Kindern begleitet, heißt es seitens des Vorarlberger Kinderdorfs anlässlich der Präsentation des aktuellen Jahresberichts. 52 Prozent dieser Familien leben in Armut oder sind armutsgefährdet. 36 Prozent der Eltern haben weder Familie noch Freunde, die ihnen zur Seite stehen. Weil immer häufiger das soziale Netz fehlt, organisiert das Vorarlberger Kinderdorf auch Hilfestellung auf freiwilliger Basis: 2023 engagierten sich 223 Privatpersonen durch ein Ehrenamt mit Kindern. Sie investierten 15.866 Stunden ihrer Freizeit, um den Alltag für junge Familien leichter zu machen.
Familien zunehmend belastet
Mit zunehmend stärker belasteten Elternteilen hatte es auch der Familiendienst des Vorarlberger Kinderdorfs zu tun. Die Erschöpfung und Anfälligkeit für Krisen ist in den 373 vom Familiendienst im Vorjahr ambulant begleiteten Familien deutlich angestiegen. Zudem fehlen dringend notwendige Plätze in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Dies verstärkt die Überforderung der Eltern und führt dazu, dass Kinder länger in einem hoch belasteten familiären Umfeld bleiben müssen. Die Folge sind schlechtere Bildungschancen, gesundheitliche Probleme, Scham und sozialer Ausschluss. Im Vorjahr lebten in den begleiteten Familien 823 Kinder und Jugendliche. Diesen jungen Menschen trotz aller Widrigkeiten soziale Teilhabe zu ermöglichen, stand im Fokus der ambulanten Arbeit. Unter anderem wurden 25 sozialpädagogische und therapeutische Gruppenangebote für Kinder durchgeführt.
Mehr Einsätze bei Familienkrisen
Im stationären Setting wurden 83 Kinder und Jugendliche in der Paedakoop betreut, 68 Kinder in der Auffanggruppe und 62 Kinder in familiären Wohngruppen des Kinderdorf Kronhalde. Hauptgründe für die Fremdunterbringung waren psychische Erkrankungen und Überforderung der Eltern sowie Gewalt in der Familie. Von steigenden Einsatzzahlen berichtet auch der Familienkrisendienst, der im vergangenen Jahr bei 171 eskalierenden Familienkonflikten mit Rat und Tat zur Stelle war. Im Vergleich dazu waren es 2022 125 Einsätze, was eine Steigerung um knapp 37 Prozent bedeutet. Intensive Suche nach Pflegeeltern Leidtragende von akuten Familienkrisen sind vor allem die Kinder: 26 Babys und Kleinkinder fanden in Bereitschaftspflegefamilien liebevolle Fürsorge und ein Zuhause für einen begrenzten Zeitraum. 147 Kinder und Jugendliche lebten in Langzeit-Pflegefamilien. Deutlich rückläufig ist die Zahl an interessierten Familien und Einzelpersonen, die sich die Aufgabe als Pflegeeltern zutrauen. Durch neu geschaffene Pflegschaftsmodelle sollen mehr Paare, aber auch Einzelpersonen dafür gewonnen werden, die Elternrolle für ein Pflegekind zu übernehmen.
Fürsorge und Freiheit
Weil Kinder für ein gesundes Aufwachsen nicht nur liebevolle Fürsorge und Schutz, sondern auch Freiräume brauchen, entstand in Wolfurt ein zukunftsweisendes Projekt. Der Kletterturm Kids Buin steht als kostenfreier, inklusiver Bewegungs- und Begegnungsort allen Kindern Vorarlbergs zur Verfügung. „Kinder brauchen ein Umfeld, das ihnen Sicherheit und Fürsorge ebenso wie Entwicklungsräume für ihre individuellen Interessen bietet“, halten Alexandra Wucher und Simon Burtscher-Mathis von der Geschäftsleitung fest.
Scheitern ermöglicht Entwicklung
Wichtig sind vor allem ermutigende Vorbilder, verlässliche Bezugspersonen sowie Freiräume, die es Kindern möglich machen, Selbstwirksamkeit zu erfahren. „Trotz dieses Wissens gelingt es auch uns nicht immer, Kinder in ihrer Verletztheit zu erreichen“, so Burtscher-Mathis. „Auch wir vom Vorarlberger Kinderdorf stoßen an Grenzen, scheitern trotz höchster Fachlichkeit und vollem Engagement. Wichtig ist jedoch, dass wir hinschauen und das Scheitern als entwicklungsfördernd begreifen, denn jedes Kind hat immer wieder eine neue Chance verdient.“