Warum Andreas Ferner wieder Lehrer werden würde und warum er darüber ein Buch schrieb

Andreas Ferner mit einem seiner Kabarettprogramme. Foto: Severin Wurnig

Andreas Ferner (geboren am 8. November 1973 in Wien) ist ein österreichischer Kabarettist, Schauspieler und Lehrer und hat kürzlich ein skurril-lustiges Buch veröffentlicht. Gsi.News stellte ihm Fragen zum Lehrberuf und zur Schule und er sprach über den oft turbulenten Alltag von Pädagogen und weshalb die Schule genug Stoff für Kabaretts und Bücher liefert.

Von Bandi Koeck


Herr Ferner, Sie sind nicht nur Kabarettist und Autor, sondern auch Lehrer. Was hat Sie damals dazu bewogen, den Lehrberuf zu ergreifen, und würden Sie diese Entscheidung heute wieder so treffen?

Auf jeden Fall würde ich die Entscheidung wieder so treffen! Vielleicht wäre ich nur bei der Fächerauswahl ein bissl „intelligenter“ und würde mir nicht nur Fächer aussuchen, in denen man Schularbeiten und schriftliche Matura hat. Sondern auch sowas wie Turnen.

Lehrer wollte ich übrigens schon seit meiner eigenen Schulzeit werden, weil der Beruf sinnvoll ist und weil man als Pädagoge junge Menschen in einer sehr wichtigen Phase ihres Lebens begleiten kann.

Und, weil ich in diesem Beruf genau das, was ich am besten kann – nämlich gut mit Menschen umgehen und Inhalte mitreißend und unterhaltsam vermitteln – perfekt einbringen kann, was ich ja auch mein Job auf der Kabarettbühne ist. Wobei es sicher herausfordernder ist, Betriebswirtschaftslehre vor pubertierenden Schülern mitreißend zu vermitteln als „Kabarettstoff“ auf der Bühne.

Dadurch habe ich noch immer Liebe und Begeisterung für den Beruf und nehme mir vor jeder Unterrichtsstunde vor, dass ich sie zu meiner bisher besten mache.

Ihr neues Buch gibt Einblicke in den oft turbulenten Alltag eines Lehrers. Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, denen Lehrkräfte heute gegenüberstehen?

Die größte Herausforderung ist, dass die Aufgaben, die nichts mit dem ursprünglichen Jobprofil des Lehrers zu tun haben, in den letzten Jahren explodiert sind. 

Früher war der Lehrer ist erste Linie Lehrer. Das heißt, er hat unterrichtet, vorbereitet, verbessert, sich um die Schüler und auch noch um die Eltern gekümmert. Jetzt haben wir seit Jahren die Situation, dass praktisch bei allen neuen gesellschaftlichen Herausforderungen gesagt wird: Das soll die Schule lösen. Man stellt den Schulen und den Lehrern aber nicht die dafür notwendigen finanziellen und personellen Mitteln zur Verfügung. Österreich hat zum Beispiel laut einer OECD Studie das wenigste Unterstützungspersonal in der Schule, also Sozialarbeiter, Psychologen, administratives Personal.

Als weitere sehr große Herausforderung sehe ich die Smartphones und Social Media. Viele Schüler bezeichnen sich auch selber als „Smartphone/Social Media-süchtig“. Das Smartphone und Social Media saugen sehr viel Aufmerksamkeit und Zeit der Schüler ab und sind eine ständige Ablenkung. Dadurch wird das Vermitteln und das Erlernen von neuen, wichtigen Inhalten natürlich sehr erschwert. Man kann das je leider eh auch von den Erwachsenen.

Die Arbeit mit Schüler kann unglaublich anstrengend sein. Wie könnten Sie der breiten Bevölkerung verdeutlichen, was es wirklich bedeutet, jeden Tag vor einer Klasse zu stehen und zu unterrichten?

Genau das war einer der Hauptmotive, Kabarettprogramme über Schule und jetzt ein Buch darüber zu machen. Ich habe mir gedacht, ich nutze die Chance, dass ich Kabarettist bin und zeige (natürlich mit viel Schmäh) auf, wie es ist, heutzutage Lehrer zu sein. Und vom Publikum kommt dann oft auch: Das oder das habe ich gar nicht bedacht. Das Problem ist eben, dass viele Menschen glauben, dass es in der Schule noch immer so zugeht, wie in ihrer eigenen Schulzeit. Wir haben ja bekanntlich ja auch 9 Millionen Bildungsexperten. Weil ja jeder, der in der Schule war, glaubt, dass er deswegen ein Bildungsexperte ist.

In Ihrem Buch sprechen Sie humorvoll über den Schulalltag. Wie wichtig ist Humor im Lehrerberuf und wie hilft er Ihnen persönlich im Umgang mit schwierigen Situationen?

Humor ist extrem wichtig und ein geniales, soziales „Schmiermittel“, um Probleme aufzuzeigen, aber auch zu lösen. Ich gehe sogar soweit, dass ich Humor auch eine Art Therapie ist. Wenn man über Probleme lachen kann, dann geht man vielleicht das nächste Mal mit einer gesunden „augenzwinkernden“ Distanz an schwierigen Situationen heran und nimmt sie leichter.

Das Thema Burnout ist gerade im Lehrerberuf immer präsent. Welche Tipps haben Sie für Lehrkräfte, um sich selbst zu schützen und im Berufsalltag besser abzuschalten?

Ja, dass man sich gut abgrenzen kann, ist wahrscheinlich einer der wichtigsten Dinge, die ein Lehrer beherrschen muss. Du wirst nie alle Forderungen von allen beteiligten Personen erfüllen können. Das geht schon mal nicht, weil die Forderungen sich teilweise ja auch widersprechen. Die einen wollen zum Beispiel, dass man nur für gute Leistungen eine gute Note bekommt (also „Notenwahrheit“), andere wollen, dass alle durchkommen und super Noten bekommen, auch wenn sie keine oder schlechte Leistungen erbringen. Also, ich versuche als Lehrer mein Job bestmöglich zu machen und fühle mich in erster Linie meinen Schülern gegenüber verpflichtet, dass ich für sie ein sehr guter Lehrer bin und ihnen viele wichtige Inhalte beibringe. Wenn ich von allen anderen Beteiligten nicht alles zu 100 % erfüllen kann, dann versuche ich mich deswegen nicht fertig zu machen.

Und: dass man sich auch Zeiten gönnt, in denen man nichts für die Schule macht. Z.B. auch wenn Lehrer ja immer schon einen „All-in-Vertrag“ hatten, muss man nicht Tag und Nacht erreichbar sein, auch wenn das aufgrund der elektronischen Kommunikation (vor allem seit Corona) von den Lehrer oft erwartet wird. 

Auch Eltern sind oft gefordert und schnell überfordert. Welche Ratschläge haben Sie aus Ihrer Erfahrung als Lehrer und Vater, um Stress und Überforderung zu reduzieren?

Mein wichtigster Tipp: Den Lehrern ein positives Grundvertrauen entgegenbringen, dass sie ihren Job gut machen und wissen, was sie tun. Und ich empfehle, dass die Eltern sich nicht vorschnell einmischen und alles, was aus der Schule kommt, sehr kritisch hinterfragen, obwohl es ihren Kindern eh gut in der Schule geht und sie happy sind.

Und dass sie auch ihren Kindern Vertrauen entgegenbringen und sie so früh wie möglich zu einer großen Selbstständigkeit und Eigenverantwortung erziehen. 

Bei edition a erschien „Echt jetzt, Herr Fessor? Alltag eines Lehrers “ von Andreas Ferner.

Über den Autor: 

Der Kabarettist und Schauspieler Andreas Ferner wurde 2010 mit dem „Großen Niederösterreichischen Kabarett- und Comedy-Preis“ ausgezeichnet. Sein pädagogisches und bildungspolitisches Insiderwissen erwarb er sich als HAK-Lehrer für kaufmännische Fächer in Wien. 2012 wurde er von der Wiener Gesellschaft für Bildungspolitik und Schulmanagement zum „Lehrer des Jahres“ gewählt. Mit seinen Programmen wie „Chill amal, Fessor!“ und „Stundenwiederholung“ war er österreichweit zu sehen. 

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