Einblicke in Renovierungsarbeiten der Abteikirche Mehrerau

Copyright: Zisterzienserabtei Wettingen-Mehrerau

Seit Juni 2024 wird die Abteikirche des Klosters Mehrerau unter dem Motto “Prüft alles und behaltet das Gute” (1 Thess 5, 21) saniert. Um Interessierten die Bauarbeiten der denkmalgeschützten Zisterzienserkirche zugänglich zu machen, bietet das Kloster im November und Dezember 2024 Baustellenführungen an.

In der Abteikirche des Klosters Mehrerau wuselt es: Handwerkende zahlreicher Gewerke wie Elektrik, Malerarbeiten, Trockenbau, Verputz und Spengler arbeiten, klettern an den Gerüsten auf und ab, und man sieht: Die Sanierung der ‘modernen’ Kirche auf romanischen Fundamenten schreitet voran. „Wir befinden uns sehr gut im Zeitplan und freuen uns auf die Einsegnung im März 2025“, informiert Abt und Bauherr Vinzenz Wohlwend im Rahmen der Baustellenführung. Rund 60 Handwerkerinnen und Handwerker sind seit Juni mit der Renovierung beschäftigt. Eine von ihnen ist Restauratorin Nicolé Mayer. Sie restauriert die sakralen Ausstattungselemente wie das Triptychon, die Gnadenmutter der Mehrerau sowie weitere Tafelgemälde und Reliquiare. Rund 500 bis 600 Stunden wird sie für die konservatorischen Maßnahmen benötigen. „Im ersten Schritt reinige ich die Oberflächen – entweder trocken, zum Beispiel bei Blattgoldschichten, oder mit Lösemitteln bei Farbfassungen – je nach vorgefundener Situation“, erklärt Nicolé Mayer. Mit der Oberflächenreinigung geht auch eine Fassungsfestigung einher, welche sehr wichtig ist, um den Bestand zu erhalten. Im Anschluss an die konservatorischen Maßnahmen werden dezent restauratorische gesetzt. Dies bedeutet, dass Fehlstellen randgetreu gekittet und retuschiert werden. Dabei geht es nicht darum alles zu perfektionieren, sondern darum, einen homogenen Gesamteindruck zu erzielen. „Man darf durchaus sehen, dass die Objekte ein entsprechendes Alter und eine Geschichte hinter sich haben“, so die Restauratorin.


Restaurierung sakraler Elemente
Das zirka 400 Jahre alte Triptychon ist ein gotisches Tafelgemälde und hing in der Apsis. Es steht jetzt für die Restaurierung bereit. „Für sein Alter und dafür, dass es immer im liturgischen Gebrauch war, ist es in einem sehr guten Zustand und weist nur leichte mechanische Beschädigungen auf. Es gibt in Vorarlberg meines Wissens nichts Vergleichbares in dieser Größe und Qualität“, beschreibt Nicolé Mayer die Einzigartigkeit. Das dreiteilige Gemälde besitzt Schwundrisse. An diesen Stellen gibt es Fassungsschollen, die abzuplatzen drohen. Diese Bereiche werden mit einem tierischen Störleim durch Injektionen gefestigt und unter Zuhilfenahme einer Heizspachtel und einer als Trennschicht funktionierenden einseitig silikonierten Polyesterfolie sanft niedergedrückt. So ist es möglich, die Farbschichten zu festigen. Diese Arbeitsschritte werden individuell angepasst und bei allen anderen Objekten ebenfalls durchgeführt. Die Mehrerauer Gnadenmutter, eine um 1500 geschaffene Statue, die auf einem neugotischen Altaraufbau steht, wird ebenfalls von ihr restauriert: „Der Gnadenaltar, der im Nazarener-Stil in einer sehr guten Qualität geschnitzt ist und die Neugotik nachahmt, befindet sich in einem konservatorisch guten bis mittelmäßigem Zustand. Er hat der Zeit entsprechend Gebrauchsspuren, da er sich ebenfalls im liturgischen Gebrauch befindet.  Hier liegen meine Aufgaben darin, die Fassung zu festigen, die Fehlstellen mit Kreidegrund randgetreu zu kitten und im Hinblick auf die Optik des Bestands, die Fehlstellen zu retuschieren.“
 
Altes bewahren, aber modernisieren
Das Bundesdenkmalamt unterstützt das Bauvorhaben der Zisterzienserabtei sowohl in fachlicher als auch in finanzieller Hinsicht. Projektverantwortliche Barbara Keiler bildet dabei das Bindeglied zwischen Denkmalschutz, Grundsätzen der Denkmalpflege und den notwendigen Sanierungsarbeiten. „Wir stehen hier in sehr engem Kontakt mit den Bauherren, den Handwerkerinnen und Handwerkern und den Architektinnen und Architekten. Wichtig ist uns der behutsame Umgang mit dem Denkmal (der Nachkriegszeit) und seinen zeittypischen Ausstattungen. Die Abteikirche ist ein hervorragendes Beispiel, wie das Bewahren von Altem und dessen behutsame Modernisierung stattfinden kann“, informiert Barbara Keiler.


Weitere Arbeiten
Die neuromanische Abteikirche, die in den Jahren 1856 bis 1859 von den Wettinger Zisterziensern errichtet und von 1961 bis 1964 von Architekt Hans Purin umfassend umgestaltet wurde, wird sorgfältig noch bis März 2025 renoviert. Im zweiten Bauabschnitt wird die Infrastruktur der Abteikirche erneuert: Zum Beispiel wird die in die Jahre gekommene Akustikanlage ausgetauscht, sodass sie auch für Trägerinnen und Träger von Hörgeräten kompatibel ist. Außerdem werden Lichttechnik und Beheizung modernisiert. Auch in Sachen Barrierefreiheit gibt es Handlungsbedarf, weshalb Teile des Chorgestühls rollstuhlgerecht gestaltet werden. Zudem werden die Fenster saniert, die Innen- und Außenwände gereinigt sowie die einzigartige Beton-Portalplastik von Herbert Albrecht restauriert. Aus den drei Seitenkapellen entstehen zwei Beichträume sowie eine Kapelle mit Reliquien, unter anderem der Heiligen Gallus, Bernhard und Maurus sowie von Bruder Klaus. „Um unsere Gottesdienste allen Menschen zugänglich zu machen, installieren wir ein System, mit dem Live-Übertragungen möglich werden“, gibt Vinzenz Wohlwend Einblicke. Zusätzlich entsteht ein neues Geschoss über dem Kreuzgang: eine „Verbindungs-Brücke“ zwischen West- und Ostflügel mit Aufenthalts-, Schulungs- und Meditationsräumen für den Erwachsenenbildungs-, Seminar- und Gästebereich. Im Zuge dessen wird der Kreuzgang im Erdgeschoss saniert.
 
Investitionen für die Zukunft
Das Investitionsvolumen von 3 Mio. Euro für die Sanierung der Abteikirche wird teilweise aus Eigenmitteln des Klosters finanziert. Hinzu kommen Förderungen des Bundes, des Landes Vorarlberg und der Stadt Bregenz. Mit diesen Mitteln kann lediglich ein Teil der Kosten gedeckt werden. „Für den Restbetrag sammeln wir kleinere und größere Spenden. Wir freuen uns über jeden Beitrag. Gelder aus den Kirchenbeiträgen erhalten wir nicht: Wir sind als Territorialabtei direkt dem Vatikan unterstellt und nicht der Diözese. Umso mehr freut es uns, dass uns die Diözese Feldkirch durch Bischof Benno mit einem großzügigen Beitrag unterstützt“, informiert Klosterverwalter Michael Gmeinder. Über den Fortschritt dieser Arbeiten können sich Interessierte selbst ein Bild machen. Das Kloster bietet im November und Dezember 2024 geführte Baustellenbesichtigungen an.

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