Im vergangenen Jahr haben das Land Vorarlberg, die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) und die Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft (KHBG) damit begonnen, die Versorgung von Diabetes-Patienten zu erweitern. Das Herzstück bilden zwei neue regionale Stützpunkte. Diese Beratungsstellen bieten Betroffenen künftig flächendeckend eine niederschwellige und wohnortnahe Anlaufstelle, um im Umgang mit der Stoffwechselerkrankung sicherer zu werden. Die „dislozierte Diabetesberatung“ – in ihrer Art einzigartig in Österreich – wurde federführend von der Diabetesambulanz Feldkirch entwickelt, der auch die fachliche Leitung der Stützpunkte obliegt. Die FH Oberösterreich und das Forum ANP (Advanced Nursing Practice) Austria haben das Landeskrankenhaus Feldkirch für das zukunftsweisende Versorgungskonzept kürzlich mit dem Innovationspreis des ANP Award Austria ausgezeichnet.
Diabetes gehört weltweit zu den Volkskrankheiten. Rund zehn Prozent der Vorarlberger Bevölkerung sind „zuckerkrank“, Tendenz steigend. Dass immer mehr Menschen mit dieser Stoffwechselerkrankung medizinisch betreut werden müssen, stellt das Gesundheitswesen vor Herausforderungen. Schon heute werden die Kapazitäten sowohl in niedergelassenen Praxen als auch in der Diabetes-Ambulanz im LKH Feldkirch immer stärker belastet. Das Land Vorarlberg, die ÖGK und die KHBG wollen dieser Entwicklung entgegenwirken, indem sie die Betreuung von Diabetes-Patienten zielgerichtet stärken. Das Herzstück des gemeinsam erarbeiteten Versorgungsangebots sind zwei regionale, in Ballungszentren eingerichtete Beratungsstützpunkte, die unter der fachlichen Leitung der Diabetesambulanz am Landeskrankenhaus Feldkirch stehen. In den Stützpunkten sind spezialisierte Pflegekräfte tätig. Sie arbeiten eng mit behandelnden Hausärzten und Internisten zusammen und schaffen auf diese Weise ein wohnortnahes, bedarfsgerechtes Angebot außerhalb der Spitäler und niedergelassenen Praxen. Auch der Obmann des Vereins Diabetes Selbsthilfe Vorarlberg, Joe Meusburger, war an der Umsetzung beteiligt und sieht ein langjähriges Anliegen erfüllt. Ergänzend ist für Menschen mit Diabetes der Aufbau einer Online-Kommunikationsplattform geplant, gleichzeitig wird die Selbsthilfe weiter unterstützt.
Wertvolle Anlaufstellen für Betroffene und Angehörige
Der erste Diabetes-Stützpunkt ist im Juni 2024 in Weiler eröffnet worden, im November folgte ein zweiter in Dornbirn. Damit stehen im Ober- und Unterland sowohl Betroffenen als auch deren Angehörigen zusätzliche, wertvolle Anlaufstellen zur Verfügung. „Vor Ort schulen und informieren Pflegerinnen des gehobenen Dienstes (DGKP) mit der Zusatzausbildung zur Diabetesberaterin zu allen Aspekten des Diabetes Mellitus Typ 2“, erklärt Ruth Giesinger, Diplomkrankenpflegerin und Pflegeexpertin (APN) Diabetes Care. Dazu gehört beispielsweise das richtige Verhalten bei Über- und Unterzuckerung und die korrekte Spritztechnik. Ebenso wird über diabetes-assoziierte Risikofaktoren wie Adipositas, Rauchen oder erhöhten Blutdruck aufgeklärt, auch Fußuntersuchungen werden durchgeführt. Giesinger, die als Diabetesberaterin am LKH Feldkirch tätig ist, hat das Konzept der Diabetesstützpunkte mitentwickelt.
Ausgezeichnetes Projekt entlastet Spitalsambulanzen und erhöht Lebensqualität
Landesrätin Martina Rüscher bezeichnete das neue Angebot bei dessen Präsentation als „Meilenstein in der Diabetes-Versorgung“. Nun wurde das Leuchtturmprojekt auch von der Fachwelt honoriert: Ruth Giesinger durfte stellvertretend für das LKH Feldkirch im Rahmen des 12. ANP-Kongresses, der am 5. November im Linz stattfand, den von der FH Oberösterreich und dem Forum ANP Austria vergebenen Innovationspreis des „ANP Award Austria“ entgegennehmen.
Mag. PhDr. Silvia Neumann-Ponesch MAS, Initiatorin des Forums ANP Austria und Wissenschaftliche Leiterin des ANP-Kongresses, hob in ihrer Laudatio hervor, dass das ausgezeichnete Projekt mögliche Versorgungskonzepte für ganz Österreich vorwegnehme: „In Vorarlberg wird flächendeckend, populationsbezogen für alle Bezirke, die Versorgung einer besonders vulnerablen Gruppe niederschwellig, wohnort- und zeitnah etabliert. Dabei handelt sich um jene Patientengruppe, die aufgrund ihrer Erkrankung weltweit die zweithöchste Amputationsrate aufweist: die Diabetiker. Durch das fachliche Leadership der APN Diabetes Care wird das professionelle Pflegeangebot im niedergelassenen Bereich ausgebaut und gestärkt. Die Spitalsambulanzen werden entlastet. Und am wichtigsten: Das Selbstmanagement und die Lebensqualität der Betroffenen werden erhöht.“
Ruth Giesinger ist stolz über die Auszeichnung. Dass Vorarlberg mit Einführung des innovativen Versorgungskonzepts einen richtungsweisenden Weg eingeschlagen hat, bestätigen nicht zuletzt die ersten Erfahrungen im Diabetes-Stützpunkt Weiler, der von Anfang an angenommen wurde. „Das Angebot wird von unseren Patienten durchwegs als gut und hilfreich empfunden“, freut sich die Diabetes-Beraterin. „Besonders schätzen sie es, dass sich die Mitarbeitenden ausreichend Zeit für Beratungsgespräche und persönliche Anliegen nehmen. Dadurch fühlen sich die Betroffenen im Umgang mit der Erkrankung sicherer.“