Österreich liegt am Ozean? Wozu braucht man hier Leuchttürme? Am Bodensee genügt ab Bregenz der Bayerische Hafenlöwe von Lindau.
Von Dr. Albert Wittwer
Müssen die Dutzenden Verhandlerinnen wirklich das Rad neu erfinden? Zerschellt das Staatsschiff gleich morgen an einer gefährlichen Klippe? Eingebettet in ein friedliches Europa, das sich permanent gemeinsam restrukturiert, in unzählige internationale Verträge, ist Österreich nicht bedroht. Bei Licht betrachtet ist nicht viel mehr als „business as usual“ erforderlich. Sonst könnten wir uns ja auch schon die drei Monate Verhandlungs-Regierungs-Pause nicht leisten. Primadonnen, die mit bedeutsamer, staatsmännischer Geste rituell vor die Medien treten, wo die bedauernswerten Reporter tief im Kaffeesud lesen müssen.
Den demütigen Untertanen beschleicht tiefe Langeweile. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit und zufällig drängen sich auf: Eine maßvolle Erbschafts- und Schenkungssteuer (hatten wir schon mal), ein bisschen am Pensionsantritt schieben. Wer glaubt schon, dass ein Dachdecker mit 65 noch über die Dächer balancieren kann? Diese Form der Arbeitsunfähigkeit kann ihm jeder Arzt bestätigen, also Entwarnung. Die Schreibtischbesitzer wird ein etwas höheres Pensionsalter nicht schrecken. Altersteilzeit – haben die Verhandler noch nie gehört. Wieso nicht die Klimaboni ab dem Medianeinkommen streichen? Rechtzeitig Strafzahlungen wegen Verfehlung von Klimazielen abwehren würde dem Budget auch dienlich sein. Etwas mehr Renaturierung, dort, wo wir die Freizeit statt am Bildschirm verbringen wollen – kaum ein Thema.
Aber ganz bedeutende Persönlichkeiten, wie sie die Republik hervorbringt, können sich nicht mit Kleingeld zufriedengeben. Verhallt die Ansprache des Herrn Bundespräsidenten, Kompromisse zu suchen, in den leuchtturmlosen Weiten des politischen Ozeans.
„Politik ist die Kunst des Möglichen“.
Anmerkungen:
https://epaper.derstandard.at/titles/derstandard/11600/publications/3208/pages/4; Die Neos haben sich aus den Koalitonsverhandlungen entlassen.
https://orf.at/stories/3380806/; Nehammer geht, Van der Bellen am Zug;
Die Kunst des Möglichen: Otto v. Bismark zugeschrieben.