…gingen zigtausende Menschen in Wien auf die Straße“, titelt durchaus untypisch das Vorarlberger Kirchenblatt in seiner Ausgabe vom 16. Jänner 2025. Es bringt zugleich Artikel je einer Professorin und eines Professors, die sich mit der aktuellen politischen Situation beschäftigen (https://www.kirchenblatt.at/.)
Von Dr. Albert Wittwer
„Euer Wille geschehe“. Bekommen die Wähler und die Freundinnen der koalitionsverhandelnden Parteien, was Ihnen vor der Wahl versprochen wurde? Das nach den ersten Berichten wohl eher nicht.
Besser gestellt sind sicher die Förderer und Großspender, die weit entfernt vom sozialen Zusammenhalt, von Caritas und Naturfreunden, ihre Vertrauten in die Verhandlungen schicken – wenn sie nicht gleich selber verhandeln. Man gewinnt mit Versprechungen Wahlen – und macht dann, was man will. Finanziert die lammfrommen Medien und sekiert die Unabhängigen und den ORF und die Kulturveranstalter.
Wird das die Demokratie, den Rechtsstaat, die Gewaltenteilung, die Menschenrechte der Bevölkerung beschädigen? Kurzfristig wohl eher nicht. Vor allem dann nicht, wenn wir uns einbringen. So auch die beiden im Kirchenblatt zitierten, politischen Wissenschaftler. Dann werden wir die beiden großen Gefahren wohl überstehen oder gar abwenden können:
- Die Untergrabung der Autorität des Rechtes, etwa derart, daß das Recht, der Politik zu folgen habe und damit die bedeutendste Errungenschaft der Aufklärung beseitigt wird;
- Die Geringschätzung der Natur und unserer menschliche Bedingtheit von Pflanzen und Lebewesen, Wasser und Luft, der Biosphäre, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.
Bei Aufweichung des Rechtes herrscht der Stärkere, der Mächtige, der Reiche über alle anderen. Trump und Musk lassen grüßen. Der US-amerikanische Präsident steht sogar bei deliktischem Verhalten über dem Gesetz. Da kommt nach seiner Weisung bald „die Macht aus den Gewehrläufen. “ Die freie Meinungsäußerung“, wie von riesigen Portalen propagiert und praktisch ohne Kontrolle – dient nicht dem harmlosen, verblendeten Einzelposter, der besser im Wald den Trost der Bäume suchen würde, sondern den Trollen und Milliardären. Das Rechtsinstitut der freien Rede wird ohne Kontrolle und Sanktion von Hassdelikten, Falschmeldungen und Verunglimpfungen in ihr Gegenteil verkehrt.
Leider ist es von den Wachstumspredigern unbemerkt geblieben, daß schon vor Jahren die Fehlübersetzung der Schöpfungsgeschichte, das „Macht Euch die Erde untertan“ berichtigt worden ist. Sie lautet im Original in Wahrheit: „Sorgt für die Erde.“
Anmerkungen:
- „Macht kommt aus Gewehrläufen“ Mao Tse-Tung;
- „Wer möchte schon leben – ohne den Trost der Bäume“, Günter Eich;