Der heutige 27. Januar ist der internationale Holocaust-Gedenktag. An diesem Tag im Jahr 1945 befreiten die Alliierten das NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau im heutigen Polen. Es ging als Sinnbild und Ort des Schreckens und größter Gräuel der schlimmsten Katastrophe des 20. Jahrhunderts in die Geschichte ein, als die „Hölle von Auschwitz“.
Die Befreiung durch die Rote Armee, dieser historische Akt, jährt sich heuer zum 80. Mal und dennoch scheint es, dass sich die Geschichte wiederholt, weil wir nichts daraus gelernt haben respektive lernen wollen. Eine Erinnerungskultur zu pflegen ist immens wichtig, doch scheint sie mir recht passiv zu werden, wenn es bei reinem Erinnern denn Handeln bleibt.
Denn der weltweite Antisemitismus, der passender als Antiisraelismus bezeichnet werden muss, ist salonfähig geworden und prägt auch unseren Alltag in Vorarlberg. An vielen Ecken von Feldkirch werden immer wieder Hakenkreuze oder juden- sowie israelfeindliche Slogans angebracht. Ich stelle dazu eine Anfrage an die Landespolizeidirektion Vorarlberg und erhalte leider keine Rückmeldung. Auch die Innsbrucker Kultusgemeinde (IKG) führt leider keine genauen Daten.
Die Antisemitismus-Meldestelle (IGK) der Israelitischen Kultusgemeinde Wien verzeichnete hingegen einen Anstieg der antisemitischen Vorfälle: Im ersten Halbjahr 2024 gab es insgesamt 808 Meldungen. Und die Gleichbehandlungsanwaltschaft spricht vor einer richtigen Eskalation Ende 2023: In nur 13 Tagen gab es 76 antisemitische Übergriffe in Österreich. Bereits für das Jahr 2022 verzeichnete die Antisemitismus-Meldestelle der IKG Wien die bisher zweithöchste Zahl an gemeldeten antisemitischen Übergriffen seit Beginn ihrer Dokumentation: insgesamt wurden in diesem Jahr mehr als 700 und damit ungefähr zwei Vorfälle pro Tag gemeldet. Auch europaweit wurde – insbesondere seit dem Ausbruch der Covid-19 Pandemie – ein Anstieg von Antisemitismus registriert, der sich vor allem online in Hasskommentaren und -Nachrichten niederschlug. Der gravierende Anstieg der Meldungen erfolgte nach dem Massaker vom 7. Oktober 2023, als Terroristen der Hamas mehr als 1.200 Menschen in Israel ermordet und über 200 Personen verschleppt hatten.
Im Zuge des Anschlages war auch massive sexualisierte Gewalt gegen Frauen verübt worden. In der internationalen Öffentlichkeit folgte auf die Anschläge ein massiver Anstieg antisemitischer und terrorverherrlichender Reaktionen, so auch in Österreich. Es wurde eine Fensterscheibe eines koscheren Lebensmittelgeschäfts eingeschlagen; der jüdische Teil des Zentralfriedhofes durch Brandstiftung und Beschmieren mit Hakenkreuzen geschändet, eine israelische Fahne vom Stadttempel in Wien gerissen und in mehreren Schulen jüdische Schulkinder massiv eingeschüchtert. Wiederholt wurden on- und offline antisemitische und die Shoah glorifizierende Hassbotschaften verzeichnet.
Die Zahl der antisemitischen Vorfälle weltweit hat zwischen 2022 und 2024 um 340 Prozent zugenommen.
In den USA gab es 288 Prozent mehr antisemitische Vorfälle. Dazu gehörten gewaltsame Aktionen gegen Juden, Angriffe auf Synagogen, aber auch Gewalt in Schulen und an Universitäten. In Kanada nahm die Zahl um 562 Prozent zu, ein Viertel der Vorfälle war dem Bericht zufolge gewaltsam.
Ein Anstieg von über 350 Prozent wurde in Frankreich festgestellt, 28 Prozent der Taten gingen mit Gewalt einher. Im Vereinigten Königreich beträgt der Faktor 450 Prozent. Allein in der ersten Hälfte 2024 wurden 2.000 Taten begangen.
In Russland rief ein Terrorangriff vor allem in Sozialen Medien antisemitische Verschwörungstheorien hervor. Islamisten hatten im März 2024 in einer Veranstaltungshalle nahe Moskau 145 Menschen ermordet.
Auch im Fernen Osten gab es mehr antijüdische Vorfälle. In China seien Soziale Medien mit antisemitischen Inhalten und Verschwörungstheorien überflutet, merkt der Bericht laut der Onlinezeitung „Times of Israel“ an. Dazu gehöre auch die Leugnung der Schoa. Die israelische Botschaft in Peking sprach von einem „Tsunami der Feindseligkeit“. Japan und Taiwan erlebten anti-israelische Proteste und Nazi-Gesten, wie sie dahin in der Region nicht üblich gewesen seien.
In Südafrika erhöhte sich die Zahl der antisemitischen Vorfälle um 185 Prozent. Dort ging es oft um Boykottaufrufe und Propaganda gegen Israel.
Australien erfuhr einen Anstieg um 387 Prozent. Dazu gehören Brandanschläge auf Synagogen, aber auch körperliche Angriffe gegen Juden.
In Brasilien löste Präsident Luiz Inácio Lula da Silva im Februar 2024 mit einer Äußerung eine Welle antisemitischer Rhetorik im Internet aus. Er hatte Israels Handeln in Gaza mit dem Holocaust verglichen.
In Chile nahm die Zahl der Vorfälle um 325 Prozent zu.
Der Iran unterstützt Terrorgruppen wie die Hisbollah und Hamas, zudem leugnet er Israels Existenzrecht. Anders sehe es in Saudi Arabien, Marokko und den Vereinigten Arabischen Emiraten aus. Dort verträten die Regierungen gemäßigtere Standpunkte, auch wenn die öffentliche Meinung von der privaten massiv abweichen kann!